Bericht 4
Irgendwo bei Cochabamba bis La Paz / 01.01 -19.01.2013
Bolivien ist doppelt so gro§ wie
die Bundesrepublik, hat aber nur 3000 km geteerte bzw. befestigte Stra§en
(vielleicht sindÕs inzwischen schon etwas mehr). Der Rest sind Schotter-oder
Lehmpisten, die alle Jubeljahre mal mit einem Pistenhobel geglŠttet werden.
(Durchschnittsgeschwindigkeit 15 bis 25 km/h). Trotzdem muss man fŸr alle
Stra§en Maut bezahlen, aber es sind
nur Pfennig-(Cent) BetrŠge zwischen 15 Cent und 1,50 Û. Nach der Devise ãVertrauen ist gut,
Kontrolle ist besserÒ, gibt es meist vor jedem Ort einen ãStrippenzieherÒ.
D.h., in einem Kabuff bzw. davor sitzt ein wichtiger Mensch, er spannt eine
Leine Ÿber die Stra§e, man muss aussteigen, ihm den ãMautbezahlzettelÒ zeigen, er stempelt
ihn ab und senkt die Strippe. HŠufig sitzt neben ihm noch ein Polizist und will
den FŸhrerschein sehen, ist aber egal, was man ihm zeigt, Hauptsache es sieht
offiziell aus.
Das neue Jahr begann mit einer Umleitung – einer langen Umleitung. Dabei
wollten wir doch nur die Durchfahrt
durch das Chaos der Millionenstadt Cochabamba vermeiden. Die vielversprechende
nagelneue Betonstra§e mussten wir nach wenigen Kilometern verlassen und
landeten auf einer Erdpiste mit ungewissem Ziel. Schšn
war die Fahrt durch grŸne HŸgel mit vielen Kurven, Steigungen und Abfahrten,
aber 50 Kilometer Umleitung Ÿber eine lšchrige Piste bei hšchstens 30 km/h, das
strapaziert Geduld und Nerven. Endlich wieder auf der asphaltierte Hauptstra§e,
und dagibt es auch bald die
dringend benštigte Tankstelle. Diesel ist in Bolivien sehr billig - fŸr
Bolivianer. Sie zahlen etwa 0,45 Û pro Liter, AuslŠnder dagegen 1,15 Û. Das ist
fŸr die Tankstelle mit Rechenaufwand und Schreiben einer Extra-Rechnung
verbunden. Kein Wunder, dass man uns an einer Tankstelle einfach kein Diesel
verkauft, weil man angeblich das entsprechendeRechnungsformular nicht hat. An
einer anderen, weit ab von allen Touristenorten, zahlen wir nur den Preis fŸr
Bolivianer. Vielleicht hat sich die Sonderbehandlung fŸr Touristen noch nicht
bis hierher herumgesprochen.
Langsam schrauben wir uns hoch ins Altiplano bis auf 4.500 Meter. Der Himmel ist grau, die
karge baumlose Landschaft bedrŸckend, die Armut entsetzlich. Es ist selbst
jetzt kalt, die Winter sind erbarmungslos. In dieser baumlosen Gegend gibt kein
Holz zum Heizen, und wovon kann man hier Ÿberhaupt leben? Am Stra§enrand
Ÿberall bettelnde Menschen, meist Kinder, aber auch alte Frauen mit trostlosem
Blick. Wir kšnnen nicht mal an der starken Steigung halten, unser Sensibelchen
spinnt mal wieder. StŠndig produziert es Fehlermeldungen und geht auch mal in
den Notbetrieb. Viele Kilometer spŠter kommen wir etwas tiefer. Auf 3.900 Meter
gibt es wieder Felder, am Stra§enrand keine bettelnden Menschen mehr und bald
findet sich fŸr uns ein Nachtplatz auf einem Sportplatz, ein StŸck weg von der
Stra§e.
Noch 200 Kilometer bis La Paz, am nŠchsten Morgen frŸher Aufbruch und auf annehmbarer Stra§e weiter. Wir bleiben auf 3.900 m Hšhe. Dann kommt ein Funkspruch von Ulli – er steht, sein Filter ist dicht. Der Diesel ist zwar billig, aber die QualitŠt lŠsst zu wŸnschen Ÿbrig. Auf einem Platz neben der Stra§e wird der Filter ausgebaut und gereinigt, gegen Mittag geht es weiter. Bald wird die Bebauung dichter, aber noch 40 Kilometer bis zum Hotel Oberland, bekannt unter Wohnmobilisten als sicherer Standplatz. Der Navi fŸhrt uns: ãIn 200 Metern rechts abbiegenÒ. Was er aber nicht sagt: Wir hŠtten sofort auf eine Parallelstra§e fahren mŸssen, um dann nach rechts zu kšnnen. Also weiter: ãNeuberechnung in Gang!Ò Mit dieser Neuberechnung kommen wir nach El Alto, der Zwillingsstadt von La Paz auf 4.100 m Hšhe. El Alto gilt als Hauptstadt der Aymara, soll etwa 1 Million Einwohner haben, aber durch die Landflucht steigt die Zahl stŠndig, und so sind die beiden StŠdte inzwischen zusammen gewachsen. Unser Navi sucht zwar die kŸrzeste Verbindung, aber er kennt die MŠrkte nicht. Und so sind wir plštzlich mit unseren beiden Autos mitten in einem riesigen bunten Indio-Markt, der sich Ÿber mehrere Stra§enzŸge hinzieht. Rechts und links Buden, Waren, Menschen. Es ist, als wŸrden wir in Berlin mitten durch den Winterfeld-Markt fahren. Wir sind nervšs, aber die Menschen hier sind všllig gelassen, weichen aus, schieben den Warentisch etwas beiseite oder klappen den Sonnenschirm ein (und vor NervositŠt haben wir nicht ans Fotografieren gedacht). Selbst die reichlich vertretene Polizei winkt uns weiter. Endlich haben wir den Markt hinter uns, und es geht abwŠrts. Zwei Stunden kŠmpfen wir uns durchs Verkehrsgewirr, ehe wir von 4.100 m auf 3.200 m runter sind und das Hotel Oberland mit seinem kleinen Innenhof erreichen, der etwa 6 Wohnmobilen Platz bietet.
FŸr die Stadtbesichtigung lassen wir die Autos stehen, Taxifahrten sind billig und der Fahrweise der Bolivianer mšchte man mšglichst nicht mit dem eigenen Autos ausgesetzt sein. Von den zahlreichen Taxifahrten wŠhrend unseres Aufenthaltes lernen wir, wie man in Bolivien zu fahren hat: É
Fahren in Bolivien speziell auch in La Paz:
Daher wundert uns nicht mehr, dass die Stra§e mit Kreuzen gesŠumt sind und meist gleich mehrere an einer Stelle stehen, kein Wunder wenn man die hoffnungslos Ÿberladenen SchrottbŸchsen sieht. Die Schlimmsten sind Ÿbrigens die Busfahrer.
Wir finden die Stadt faszinierend, und das liegt auch an der phantastischen Lage. Vom Zentrum zieht sich die Besiedlung die steilen HŠnge hinauf. Innerhalb der Stadt Ÿberwindet man 1000 Hšhenmeter, stŠndig geht es sehr steil hinauf oder hinab. Wo es irgend geht, werden HŠuser gebaut, aber es geht nicht Ÿberall, denn immer wieder gibt es mitten im Stadtgebiet zu phantastischen Formen erodiertes Gestein. Besonderes VergnŸgen bereiten uns die vielen MŠrkte. Im Zentrum hinter der Kirche San Francisco zieht sich ein riesiger Marktbereich hoch. Schnaufend in der dŸnnen Hšhenluft erklettern wir die Stra§en und kommen gleich in die Calle de las Brujas (Hexengasse). Hier werden neben allerlei PŸlverchen auch Lamafšten in allen Entwicklungsstufen verkauft. Eingemauert in ein neues Haus, sollen sie GlŸck bringen. Jede der Marktstra§en hat ein bestimmtes Angebot. Es gibt die Stra§e der BaumŠrkte, die der Fleischer, der Schuhe, der Stoffe, der NŸsse usw. Das Einkaufen ist mŸhsam, weil man immer erst die richtige Stra§e suchen muss. In der Stra§e der Kleidung finden wir Softshell-Jacken von The North Face fŸr 25 Euros. Ob die wohl echt sind?
Unsere erste AktivitŠt bestand allerdings darin, die Fundacion Arco Iris zu suchen. Wir unterstŸtzen diese Organisation von Pfarrer Neuenhofer seit einigen Jahren und haben auch eine Patenschaft. Ein Besuch wird schlie§lich vereinbart, und wir sind beeindruckt von der UnterstŸtzung, die hier besonders Stra§enkinder und Kinder aus kaputten Familien bekommen. Sollte jemand von euch etwas Geld Ÿbrig haben, hier kommt eine Spende wirklich bei denen an, die sie brauchen.
Schlie§lich werden wir doch ein wenig stadtmŸde wollen noch mal ins Amazonasbecken, und zwar nach Rurrenabaque, einem kleinen Urwalddorf, von dem aus Bootstouren in den Parque Nacional Alto Madidi angeboten werden. So eine Tour geht Ÿber 3 Tage und 2 NŠchte, die man in einer Lodge verbringt. Bolivien ist ein preiswertes Land, daher ist die Tour fŸr 100 Û zu haben. Man kann den Ort per Flugzeug erreichen, aber nach einem Blick in die Karte haben wir mehr Lust die Autos zu nehmen. Im Hotel erfahren wir, dass ein Teil der Stra§e zwischen 6 Uhr frŸh und 16 Uhr nachmittags wegen Bauarbeiten gesperrt ist. Macht nichts, das kriegen wir schon hin . Im Hotel Oberland haben wir Sina und Michael aus Kiel mit ihrem VW LT kennen gelernt, sie wollen mit uns fahren.
Aber vorher mŸssen wir unseren Aufenthalt verlŠngern lassen. Man bekommt fŸr Bolivien nur noch 30 Tage, und die wŠren am 14. Jan. abgelaufen. Also gehtÕs am 08. Jan. mit dem Taxi zur ãMigracionÒ in die Stadt. Den notwendigen Stempel bekommen wir innerhalb von 15 Minuten: Wie wunderbar unkompliziert. Zu frŸh gefreut, das war nur die Erlaubnis fŸr uns, die fŸr die Autos bekommen wir beim Zoll, aber es ist jetzt 11.45 h, bis zur Siesta ab 12 h kommen wir nicht mehr hin. Halb so schlimm, wir bummeln durch die Stadt, gehen essen und sind 5 Minuten vor dem erneuten Arbeitsbeginn um 14.30 h beim Zoll. Einige Wartende stehen schon vor uns, um 14.45 h bequemt man sich mit der Arbeit anzufangen. Als wir an der Reihe sind, erfahren wir, dass man uns von der ãMigracionÒ zum falschen Zoll geschickt hat. Wir mŸssen ans andere Ende der Stadt zu einem Zoll, der keine Siesta macht und daher um 16 h schlie§t. Ein Sprung ins nŠchste Taxi, um 15.30 h vor Ort. Am Eingang mŸssen wir die PŠsse abgeben und bekommen ein PlastikkŠrtchen umgehŠngt. Im Dauerlauf vorbei an zahllosen LKWs weiter, durchgefragt zum richtigen Schalter. Alle Papiere vorgezeigt – das reicht nicht, wir mŸssen erst von Allen Kopien anfertigen lassen und noch ein weiteres Formular ausfŸllen. Au§erdem sollen wir die PŠsse vorlegen. ãAber die sind doch am EingangÒ, protestieren wir. Kann der Sachbearbeiter nicht zum weit entfernten Eingang telefonieren? Geht nicht, da gibtÕs kein Telefon. Wir reagieren einfach nicht, und dann gehtÔs auch ohne PŠsse. Fast schon 16 h, alles vorgelegt, aber plštzlich ist ein Original von uns verschwunden. Wir haben es nicht, der Schalter wird gerade zugemacht und es wird aufgerŠumt. Plštzlich findet man unser Original wieder. Jetzt ist es 16 h, wir sollen morgen wiederkommen. Geht nicht, protestieren wir, und haben GlŸck. WŠhrend die Einheimischen gehen mŸssen, macht ein netter Mensch unseretwegen †berstunden, und um 16.30 h haben wir die BestŠtigung, auch unsere Autos dŸrfen noch einen Monat in Bolivien bleiben.
Am nŠchsten Morgen quŠlen sich unsere drei Autos vom Hotel auf 3.200 Meter durch den wie immer unbeschreiblich chaotischen Verkehr hoch auf 4.100 Meter nach El Alto. Als die Stadt endlich hinter uns liegt, geht es auf guter Asphaltstra§e immer hšher hinauf, innerhalb von 2 Stunden sind wir auf 4.700 m Hšhe. Hier wachsen keine BŠume oder BŸsche mehr, aber die BerghŠnge sind grŸn und es weiden Lamas. Minibusse mit zahlreichen Mountainbikes auf den DŠchern kommen uns entgegen, denn hier zweigt die sogenannte Todesstra§e ab. Das ist eine sehr steile, extrem schmale Schotterpiste mit grandiosen Ausblicken, Ÿber die vor dem Bau der neuen Stra§e der gesamte Verkehr floss, und die zahlreiche Todesopfer forderte. Heute dŸrfen Autos nur noch bergab fahren, aber die Strecke hat sich zur Touristenattraktion fŸr organisierte Mountainbike-Touren entwickelt. Allerdings soll es auch unter ihnen speziell in der Regenzeit in jedem Jahr schlimme UnfŠlle geben. Wir nehmen die neue Stra§e und fahren bergab mit gro§artigen Ausblicken in die ãYungasÒ (tropische TŠler) und auf den Rio Coroico weit, weit unter uns. Leider regnet es immer mal wieder und manchmal stecken wir mitten in den Wolken. Je tiefer wir kommen, desto Ÿppiger grŸn wird es und natŸrlich auch wŠrmer. Wir durchfahren sŠmtliche Klimazonen SŸdamerikas und kommen dabei auch durch den sog. Nebelwald mit tropischen BŠumen, bewachsen mit Farnen und Bromelien. Lianen hŠngen Ÿberall, Riesenfarne und Bambus stehen am Stra§enrand, WasserfŠlle stŸrzen herab. Nachdem wir innerhalb weniger Kilometer 3.500 Meter abgestiegen sind, erreichen wir die Stadt Coroico. Hier beginnt die Sperrung der Stra§e, aber es ist 16 h, wir kšnnen also weiter. Die neue Stra§e geht in die alte Ÿber, die Piste beginnt – und wie. Teilweise ist der Hang abgerutscht, nur noch eine schmale Spur ist befahrbar. Dazu kommen tiefe PfŸtzen, Schlamm, Staub. †berwiegend ist die Piste eigentlich einspurig, aber es herrscht reger Gegenverkehr, vor allem von LKWs und Bussen. Getreu der bolivianischen Fahrweise: ãNimm niemals RŸcksichtÒ, fahren alle aufeinander los, bis nichts mehr geht. Dann muss nach einer Ausweichstelle gesucht und auch mal rŸckwŠrts gefahren werden. Auf der Piste herrscht Linksverkehr. Warum wohl? Das wird uns bald deutlich. Auf der einen Seite steile Felswand, auf der anderen Seite gehtÔs ein paar hundert Meter abwŠrts. Der Fahrer muss sehen, wieviel Platz er noch bis zum Abgrund hat. Und das im Dunkel fahren – auf keinen Fall. Gegen 18 h bleiben wir auf einem der wenigen breiten Streifen neben der Piste stehen. Die ganze Nacht donnert der LKW- und Bus-Verkehr an uns vorbei, dann beginnt tropischer Regen aufs Dach zu trommeln – eine ruhige Nacht war das nicht. Am nŠchsten Morgen ist ab 6.30 h Ruhe auf der Stra§e, kein Wunder. Ein StŸck weiter stehen 3 LKWs, als sie sich um 11 h in Bewegung setzen, haben wir Hoffnung. Aber eine halbe Stunde spŠter sehen wir sie neben der Stra§e hinter einem HŸgel. Wir bleiben etwas hšher auf der Stra§e stehen, bis ein Arbeitsfahrzeug kommt und uns auffordert auch hinter den HŸgel zu fahren, der Hang Ÿber uns kšnnte abrutschen – ach so! Wir fragen die LKW-Fahrer nach der Stra§e: Nein, besser wird sie nicht. Weitere Routen, die auf unserer Karte eingezeichnet sind, existieren nach ihrer Aussage Ÿberhaupt nicht. Wir mŸssten von Rurrenabaque also auf jeden Fall auf derselben Piste wieder zurŸck. Um 16 h dŸrfen wir weiter. Durch Ÿppigstes tropisches GrŸn geht es noch weiter abwŠrts, bis hinunter an den Rio Coroico. Jetzt ist die Piste teilweise in den Fels eingeschlagen, von dem ŸberhŠngenden Gestein hŠngen tropische Pflanzen bis zu uns hinunter. Ein kleiner Tunnel ist in den Fels gesprengt – schaurig schšn. Manchmal reicht die Breite der Piste knapp fŸr uns, dann kommen wieder Ausweichstellen, an denen ein LKW und wir gerade so aneinander vorbei kommen. In einem kleinen Ort am Fluss versorgen wir uns mit ein paar Mangos und GetrŠnken, dann erreichen wir gegen 18.30 h den Ort Caranavi mit Maut- und Polizeikontrolle. Ja, richtig, fŸr die Benutzung dieser ãStra§eÒ ist Maut fŠllig. Der Polizist sagt uns, die Sperrung sei hier zu Ende. Na prima, also suchen wir uns kurz hinter dem Ort einen Nachtplatz – diesmal gleich hinter einem HŸgel. Am nŠchsten Morgen um 8 h weiter. Aber schon nach 10 km ist Schluss. Hoch Ÿber der Stra§e sind in den Felsen 2 Schaufelbagger (wie sind die da hoch gekommen?) und schaufeln Erde und Gestein auf die Piste. Ein junger Arbeiter spricht uns an, er stammt aus Rurrenabaque und sagt uns, die Route dorthin sei wegen der Regenzeit sehr schlecht. Noch schlechter? Bis 16 h mŸssen wir wieder warten und finden einen hŸbschen Platz vor einer kleinen Kirche, durch GrŸn von der Stra§e getrennt. Als es endlich weiter geht, erweitert sich wenig spŠter die Piste. Haben wir das Schlimmste Ÿberstanden? Nein, der Horror-Hšhepunkt ist ein einspuriges StŸck mit Schlamm, steiler Kante vor dem Abgrund und dem Hinweis: max. Breite 2,40 m; Ulli hat 2,50. Wir haben es geschafft, und auch Ulli ist fast durch, als sich 2 LKWs vor ihn stellen und nicht weichen wollen. Lange Diskussion, Ulli bleibt stur. Schlie§lich geben die anderen nach und fahren zurŸck zur nŠchsten Ausweichstelle. Weiter gehtÕs. Die Piste ist mal schmaler, mal breiter. Sobald sie breiter wird, Ÿberholen LKWs und PKWs wie die Teufel, quetschen sich dazwischen und stŸrzen fast den Abhang hinunter. Schlie§lich geht es wieder bergauf, es wird etwas breiter - aber dann kommt knšcheltiefer Schlamm. Vor uns sehen wir die anderen Autos schlingern, auch wir rutschen von einer Seite zur anderen. Schlie§lich kommen Sina und Micha mit ihrem VW LT nicht mehr weiter. Wir hŠngen sie mit dem Abschleppgurt hinter unser Sensibelchen. Beim Ankoppeln steht eine Schlange Autos hinter uns, eine vor uns. Alles hupt ungeduldig, aber nichts geht mehr. Mit Micha im Schlepp mŸssen wir ein StŸck zurŸck, die LKWs vor uns werden von einem vernŸnftigen Beifahrer etwas nach rŸckwŠrts geleitet, dadurch kommen die PKWs vorbei und danach lšst sich der Stau auf. Wir schleppen den LT bis zu einer trockenen Stelle, sehen die Autos hoch Ÿber uns auf der ãStra§eÒ weiter schlingern. Kurze Beratung: Wir kehren um. ZurŸck bis zum Platz bei der kleinen Kirche. †ber ihrer TŸr steht: Christo te ama. (Christus liebt dich).
Am nŠchsten Morgen schaffen wir die Strecke zurŸck bis zum grš§eren Ort Caranavi. Dort essen wir Ÿber Holzfeuer gegrilltes Huhn mit Reis und Yams-Wurzel in einem der winzigen Restaurants und mŸssen schlie§lich wieder in einer langen LKW-Schlange auf die Weiterfahrt um 16 h warten. Schon eine Viertelstunde vorher beginnen die ungeduldigen Fahrer mit einem mŠchtigen Hupkonzert. Dann gehtÕs pŸnktlich los, und nach kurzer Zeit kommen die ersten einspurigen Abschnitte, aber noch kein Gegenverkehr. Der kommt nach 2 Stunden – logisch. Wieder sind alle einfach aufeinander zugefahren, und es dauert 20 Minuten, ehe sich jede Schlange in ihre Richtung weiter bewegen kann. Blo§ nicht noch eine Nacht an einer Auseichstelle neben der Piste, wir entschlie§en uns durchzufahren, auch wenn wir in die Dunkelheit kommen. Vielleicht kšnnen wir uns hinter einen LKW klemmen und dort bleiben. Das klappt nur ein kurzes StŸck, die LKWs versuchen sich an jeder breiteren Stelle zu Ÿberholen, sogar trotz Gegenverkehr direkt vor und in Kurven. Bald haben wir einen schwarz qualmenden LKW ohne jede RŸcklichter vor uns, denn zu der kriminellen Fahrweise kommt noch der schlechte Zustand der Fahrzeuge. Wir sind alle ziemlich fertig, als wir gegen 20 h in Coroico das Ende der Baustelle erreichen, wo wir erschšpft einfach am Stra§enrand Ÿber Nacht bleiben.
Endlich wieder Asphalt, aber von 900 Metern und feuchter Hitze geht es am nŠchsten Morgen innerhalb von 74 Kilometern rauf auf 4.700 Meter und 12¡C . Drei Schritte laufen, und das Herz hŠmmert heftig. Abends wieder in La Paz, und im nun schon vertrauten Hof vom Hotel Oberland treffen wir Benjamin und Katrin aus Hessen, die mit ihrem Landrover drei Monate in SŸdamerika unterwegs sind. Gemeinsam wird am Abend beim KŠsefondue beratschlagt. Rurrenabaque aufgeben oder doch fliegen? Wir entscheiden uns fŸr einen Flug.
Also
am 14. Jan. wieder per Taxi in die Innenstadt zu Indigena-Tours.
Flug La Paz – Rurrenabaque kostet 130 Û, die
Tour Ÿber 3 Tage und 2 NŠchte einschl. Verpflegung in einer Lodge ist fŸr 100 Û
zu haben. Dazu kommen noch 2 NŠchte im Hostel in Rurrenabaque fŸr je 10 Û. Bolivien ist ein armes Land, die
Preise entsprechend niedrig, in Peru mŸssten wir fŸr eine vergleichbare Tour
ein Vielfaches bezahlen.
Am nŠchsten Vormittag mit dem Taxi zum Flughafen auf Ÿber 4000 m Hšhe. Um 13 h
sollten wir fliegen, mit einer Stunde VerspŠtung kletternwir in die kleine
Maschine mit 19 SitzplŠtzen. Wolken erlauben keine klare Sicht Ÿber La Paz,
aber kurze Zeit spŠter sehen wir den Andensteilabfall šstlich von La Paz und
den endlosen Dschungel, durchzogenvon einigen lehmigen FlusslŠufen. Nach nur
45 Minuten Flugzeit landen wir auf der kurzen Landepiste von ãRurreÒ. Mit dem Bus in den Ort und zum Hostel
ãLos Tucanes de RurreÒ. Die
Zimmer sind schlicht aber sauber, wir haben ein eigenes Bad und der Ventilator
an der Decke sorgt trotz schwŸler Hitze fŸr Erfrischung. Vorsichtshalber haben
wir unsere BettbezŸge mitgenommen, in die wir fŸr die Nacht kriechen. Ausgeruht
steigen wir sieben Touris am nŠchsten Morgen
gemeinsam in einen Jeep. 70 Kilometer gehtÕs auf lšchriger, holpriger Sandpiste
zum Bootsanleger in Santa Rosa. Es hat - wie so hŠufig wŠhrend der Regenzeit - in
der Nacht heftig geschŸttet, entsprechend spritzt der Schlamm aus den
Wasserlšchern, der Jeep hopst und schŸttelt uns wŠhrend der dreistŸndigen Fahrt
krŠftig durch.
In Santa Rosa mŸssen wir noch eine Stunde warten, ehe unser schmales Boot mit Au§enborder kommt. Alle Sachen werden verstaut, und dann passen wir und unser Fahrer gerade noch hinein. Den Rio Beni fahren wir fast drei Stunden flussaufwŠrts. Das liegt auch daran, dass wir immer mal wieder fŸr Tierbeobachtungen stoppen. Da liegt ein Kaiman am Ufer, in seinem Maul noch quer ein wei§er Reiher, ein Wasserschwein grast am Ufer, in einem Busch hŸpfen winzige Affen herum, sind fast zum Greifen nahe und schauen uns neugierig an. Von den vielen Všgeln ist der Hoazin der auffŠlligste. Gro§ wie ein Huhn, mit blauem Kopf und einem Kršnchen auf dem Kopf kšnnen wir recht nahe herankommen, ehe er etwas tollpatschig bis zum nŠchsten Busch flattert. Schlie§lich erreichen wir die Lodge, eine Ansammlung von HŸtten, mit schwankenden Stegen verbunden und gebaut aus grob mit der KettensŠge zugesŠgten Brettern und mit DŠchern aus geflochtenen PalmblŠttern. Das Boot wird ein StŸck an Land gezogen, und kaum sind wir drau§en, sehen wir neben uns Frederico, einen gro§er Kaiman, der hier einen Dauerliegeplatz hat, natŸrlich weil er von KŸchenabfŠllen partizipiert. Bei unserem Anblick zieht er sich ein StŸck weiter ins Wasser zurŸck, bis nur noch Nase und Augen zu sehen sind. Unsere anderen Gruppenmitglieder gehen in ihr stickiges, hei§es Gemeinschaftsquartier, Per und ich haben uns ein eigenes kleines HŠuschen geleistet. Die Unterkunft ist mehr als schlicht. FŸr die zahllosen Moskitos sind Ÿberall einladende …ffnungen. Im Gegensatz zur Gruppenunterkunft haben wir ein eigenes Klo mit kalter Dusche, aber kein Waschbecken. Nachts huschen FledermŠuse durch die Zimmer – nett, so werden die Insekten dezimiert. †ber unseren Betten sind immerhin dichte Moskitonetze, aber auf dem Lager sind wir sicher nicht die Ersten, und so sind wir sind froh Ÿber unsere eigenen BettbezŸge. ãVip RoomÒ steht Ÿber unserer TŸr – na ja!
Dann gehtÕs in den Essraum. Zwei lange Tische biegen sich unter wirklich leckeren Sachen. Salate, Reis mit GemŸse, HŸhnchenstŸcke mit GemŸse, frisch gebackene HefekŸchlein, einige salzig, andere sŸ§. Das alles wird in einer KŸche mit offenem Feuer und Kerzenlicht gebraten oder gekocht. Alle Achtung! Allerdings gibt es als GetrŠnk nur Wasser. Zum Abendbier laufen wir durch mannshohes Schilfgras zu einer HŸtte am Fluss. Hierher kommen noch andere Guides mit ihren Touris. Es gibt es kŸhles Bier, am Wasser ein Ÿberdachtes PlŠtzchen, eine qualmende Wurzel, die die Moskitos in Schach halten soll, einen Sportplatz, auf dem unsere Guides eine Runde Fu§ball spielen, wŠhrend die feuchte Hitze uns im Sitzen den Schwei§ aus den Poren treibt. Daneben weiden wei§e Zeburinder, und die untergehende Sonne zaubert wunderbare Farben auf die Wolken.
Mit
der ersten DŠmmerung wecken uns am nŠchsten Morgen die BrŸllaffen. Zusammen mit
den Stimmen unzŠhliger Všgel und dem Zirren der Zikaden bilden sie eine phantastische
und einzigartige GerŠuschkulisse. Um 6 h gehtÕs los zur Sonnenaufgangstour. Dann
FrŸhstŸck und danach gleich wieder los in unserem 8-Personen-Einbaum zu den
rosa Amazonas-Delphinen. Sie kšnnen nicht gut sehen, wozu auch, das Wasser ist
trŸbe und schlammig. Touris mšgen sie, kaum sind wir
in einer Ausbuchtung mit einer besonders schwarzen BrŸhe, braucht unser Guide
nur an den Bootskšrper zu klopfen und neugierig tauchen sie auf. Nur Sina und
Micha trauen sich in das nach Faulgas riechende Wasser. Micha schreit gleich
auf, ein Delphin hat ihn in den Zeh gezwickt, und auch Sina wird angestupst.
Bei der Nachtfahrt am selben Abend haben wir einen sternenklaren Himmel Ÿber
uns und lauschen bei abgestelltem Motor den GerŠuschen einer Tropennacht.
Knallrot leuchten die Augen der Kaimane im Schein unserer Taschenlampen auf (tagsŸber
sind sie im Wasser kaum zu erkennen).
Am letzten Vormittag noch mal eine
Fahrt durch ein Gebiet, in dem sich der Fluss immer wieder zu kleinen
Nebenarmen verŠstelt. Schmal, ŸberhŠngende Pflanzen, dazwischen ganze Teppiche
aus Wasserlilien, durch die wir mit dem Boot nur mit viel Schwung durchkommen.
Noch mal ein Hšhepunkt, hoch oben im Baum kriecht ein Faultier einen Ast
entlang. Es muss das schnellste Faultier Boliviens sein, ehe der Kahn gewendet
und die Kameras gezŸckt sind, hat es sich im GeŠst versteckt.
Wir waren in der Regenzeit hier, und das war gut so. Um die 30¡C feuchter Hitze haben uns gereicht, in der Trockenzeit sind es 40¡C. Dass wir weniger Tiere gesehen haben, hat uns nicht gestšrt, wir hatten dafŸr umso mehr Moskitos. Manche der jungen Rucksacktouris sahen aus wie Streuselkuchen, uns hat die ãChemische KeuleÒ geholfen.
Beim RŸckflug haben wir nicht nur eine, sondern vier Stunden VerspŠtung. DafŸr wird eine grš§ere Maschine eingesetzt, mit der wir nur eine halbe Stunde fliegen. Viele der jungen Reisenden mit schmalem Budget nehmen den Bus Ÿber die gefŠhrliche Stra§e.
ZurŸck im Hotel Oberland kommen wir auf die Idee, die Internet-Seite des AuswŠrtigen Amtes aufzurufen. Vor Busfahrten in diese Region wird ausdrŸcklich gewarnt, immer wieder soll es dort zu schrecklichen UnglŸcken kommen.
FŸr Sina und Michael jedenfalls bestand nach unserer Tour kein Bedarf mehr, die sog. ãTodesstreckeÒ mit einer gefŸhrten Mountainbike-Tour zu bewŠltigen.
Sylvia & Per
DemnŠchst vom Titicacasee und Machu Picchu