Bericht Nummer 14
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Bericht Nummer 14

Gefangen in Südfrankreich

21. Mai bis 20. Juli 2007

“Was ist los mit der Rhône?“ Seit Wochen jeden Morgen dasselbe Ritual: Ein Blick auf die Internet-Seite „Info Rhône“ , und immer wieder die Erkenntnis – noch viel zu viel Strömung, und zwar zwischen 7 und 15 km/h. Dagegen kommen wir mit Moses nicht an. In vielen Teilen Europas gab es Unwetter mit heftigen Regenfällen. Diese Wassermassen haben die Rhône so ungewöhnlich kräftig anschwellen lassen. Wir können nur auf sinkendes Wasser hoffen und warten.
Aber es ist nicht wirklich unangenehm hier zu warten: Der Oleander blüht, viele Gemüse, Aprikosen und Melonen sind reif, Zikaden machen einen mächtigen Spektakel, und die Temperaturen bewegen sich seit Anfang Juli zwischen 25 und 30°C, immer verbunden mit einem frischen Wind.
Nach der aufregenden Überfahrt über den Etang de Thau haben wir uns in unserem „Paradies“ bei Villeneuve-les-Maguelones erst einmal ausgeruht. Es war nicht immer Traumwetter, häufig flüchteten wir bei Windstärke 5-6 unter Deck, ab und zu regnete es, und bei Gewittern zuckten gewaltige Blitze aus dicken schwarzen Wolken über dem Meer. Trotzdem konnten wir lange Strandspaziergänge machen, am Strand radeln, und am 23. Mai stürzten wir uns mutig zum Anbaden ins Mittelmeer (Wassertemperatur etwa 17°C). Radtouren auf schmalen Pfaden zu ehemaligen Salinen führten vorbei an Lagunen, in denen die Flamingos stehen und nach Krebsen suchen. Seidenreiher und interessante Watvögel lassen die Kamera klicken. Es existiert sogar noch eine Allee mit Maulbeerbäumen aus der Zeit, als hier die Seidenraupenzucht eine Rolle spielte. Überall leuchtend roter Mohn. Auf einem Feld zwischen dem Getreide wächst so viel davon, dass Per vermutet, der Bauer kann nach dem Ernten gleich einen Mohnkuchen backen.
Um das Paradies perfekt zu machen gibt es in der Nähe noch eine quirlige schöne Stadt: Montpellier. Mit Bus und Straßenbahn machen wir uns zu einem Besuch auf. In den letzten Jahrzehnten hat sich Montpellier von einer schläfrigen kleinen Stadt zur siebentgrößten von Frankreich gemausert. An der 1289 gegründeten Uni studieren 60.000 junge Menschen, überall dominieren sie das Stadtbild.
Zentrum von Montpellier ist der sehr große Place de la Comédie. Er ist geschmückt mit einem großen Brunnen mit Figuren und viel Moos und ist umgeben von imposanten Bauten. Besonders schön ist die Opéra, die der Pariser Oper nachempfunden ist. Rund die Hälfte des Platzes ist voll von den Tischen und Stühlen der zahllosen Restaurants. Wir genießen erst einmal einen Kaffee und schauen auf das lebhafte Treiben um uns herum. Beim Bummel durch die Gassen mit ihren schönen Häusern und vielen Läden stoßen wir immer wieder auf große und kleine Plätze mit Brunnen und Restaurants unter schattigen Bäumen. Man möchte sich überall dazu setzen und den flanierenden Menschen zusehen. Durch einen Triumphbogen von 1693, errichtet zu Ehren Ludwigs XIV., kommt man zu einer mit Bäumen und Büschen üppig bepflanzten Promenade, von der man bis zu den Cevennen und zum Meer sehen kann. Am Ende der Terrasse ein kleiner Wassertempel, daneben ein 800 m langer Aquädukt. Er ist das letzte Stück einer bis 1766 gebauten Leitung, über die das Wasser aus 14 km Entfernung zu dem Tempelchen herangeführt wird. Wir sind so begeistert von dieser Stadt und der gelassenen Heiterkeit, die sie ausstrahlt, dass wir noch an zwei weiteren Tagen hinfahren, diesmal allerdings nicht mit Bus und Bahn, sondern mit dem Fahrrad. 18 km sind es bis ins Zentrum. Auf dem Hinweg geht’s noch ganz zügig, aber nach Stadtbummel und jeweils Gegenwind bei der Rückfahrt, kommen wir erschöpft wieder zum Schiff. Beim zweiten und dritten Besuch erkunden wir auch die Neustadt. Sie gilt als ein Hauptwerk postmoderner Architektur, wirkt aber im Vergleich zur Altstadt sachlich, kühl und etwas imposant überdimensioniert. Ein großes Einkaufszentrum ist hier nicht wie bei anderen Städten weit draußen vor den Toren, sondern liegt zwischen Alt- und Neustadt und bildet eine gelungene Verbindung zwischen den Stadtteilen.
Nur etwa 5 km von unserem Liegeplatz entfernt ist Palavas-les-Flots, ein typischer Badeort. Um einen alten kleinen Fischerhafen gruppieren sich endlos die Touristen-Bettenschachteln. Das Strandleben unterscheidet sich nur in einem Punkt von anderen Badeorten: Hier entscheidet anscheinend jeder frei, ob er Badebekleidung mag oder nicht. An einem Sonntag machen wir eine Radtour nach Palavas, denn es ist Flohmarkt und gleichzeitig gibt es auch einen Stand mit Pflanzen. Wir müssen für unsere Blumenkästen Nachschub kaufen. Einige unserer gepflanzten Salatköpfe haben wir aufgegessen, andere hat Felix auf dem Gewissen. Er kann leider nicht begreifen, dass es einen Unterschied zwischen unseren Blumenkästen und seinem Katzenklo gibt. Als er das erste Mal Pflanzen ausgegraben hat, haben wir Steine am Strand gesammelt und auf den Kästen verteilt – nachts dann über uns Poltern, er hat die Steine abgeräumt. Also versuchten wir es mit pieksigen Brombeerzweigen – die haben ihn nicht gestört. Schließlich ein Mützchen aus Kaninchendraht, da hat er sich draufgelegt, dann war der Salat platt. Erst als Per die Erde mit Kaninchendraht abdeckt und für die neuen Pflänzchen Löcher in den Draht schneidet, gibt Felix auf. Jetzt haben wir wieder Freude an unserem Grünzeug – die Zucchinipflanzen in den Töpfen haben sich von den Salzwasserduschen auf dem Etang de Thau erholt und produzieren die ersten Mini-Zucchinis, frische Kräuter kommen auf den Tisch, und das Auge freut sich am blühenden Oleander und an den Mittagsblumen.
So ganz ohne Pannen geht es natürlich auch nicht ab:
- Das Bullauge über dem Drucker ist offen, als wir das Deck waschen. Das Wasser läuft direkt auf die Platine – das war’s. In einem kleinen Laden in Villeneuve-les-Maguelones bestellen wir einen neuen.
-Der Korkboden im Cockpit hat Farbflecke. Mit Farbentferner gehe ich ihnen zu Leibe. Hinterher sieht alles viel schlimmer aus als vorher.
-Per schleift die Gangway, macht aber kein Bullauge zu. Ergebnis: Schiff unten einmal komplett durchputzen.
Nach drei Wochen in unserem Paradies werden wir zwar nicht vertrieben, aber so langsam wollen wir die Rückreise antreten. Per hat Bedenken, ob unser Diesel noch bis St. Gilles reicht. Aber unser Motor schluckt fast alles. Also radeln wir ein paar Mal in die umliegenden Supermärkte, kaufen jeweils 20 Flaschen Salatöl und kippen es in den Tank. Was die an den Kassen der Läden wohl gedacht haben?
Durch den schnurgeraden Canal du Rhône à Sète fahren wir nach Aigues-Mortes. Seinen Namen (Stadt der toten Wasser) bekam es von den Sümpfen in der Umgebung. Der Ort war einmal ein Mittelmeerhafen (heute ist das Meer 6 km entfernt). Gegründet hat ihn 1248 Ludwig der Heilige, er brauchte ihn als Ausgangspunkt für seinen ersten Kreuzzug.
Einen Liegeplatz finden wir im teuren Hafenbecken an der lauten Umgehungsstraße, aber direkt neben der Stadtmauer. Wenig später kommt der Hafenmeister und bietet uns einen kostenlosen Liegeplatz bis September an, wenn wir bereit sind, an einer Parade historischer Schiffe im September teilzunehmen. So lange wollen wir aber doch nicht bleiben, trotzdem brauchen wir nichts zu bezahlen. Das Städtchen ist attraktiv, charmant, doch die wenigen Gassen sind schnell durchlaufen. Großartig ist die vollständig erhaltene begehbare Stadtmauer aus dem 13. Jahrhundert mit imposanten Türmen. Trotz glühender Sonne laufen wir die 1,6 km mit wachsender Begeisterung ab, ständig hat man von oben einen   reizvollen Blick hinunter in die Stadt. Kleine Häuser schmiegen sich so dicht aneinander, dass die Dächer ineinander überzugehen scheinen, winzige Höfe und Terrassen liegen dazwischen, geschmückt mit vielen Blumentöpfen und Oleandersträuchern.
Ausnahmsweise machen wir am nächsten Tag eine geführte Tour. In die Salinen, in denen das berühmte „Fleur de Sel de Camargue“ gewonnen wird, kommt man nur mit einer Gruppe. In einem kleinen Bähnchen geht es in den riesigen Bereich. Die Saline erstreckt sich über eine Gesamtfläche von 10.800 Hektar, und die Fläche, die ausschließlich zur Salzgewinnung genutzt wird, ist genauso groß wie Paris, 8.000 Hektar. Aigues Mortes hat die älteste Meersaline am Mittelmeer. Schon zur Zeit der Römer wurde hier Salz gewonnen und diente u.a. dazu, den römischen Legionären ihren Sold zu entrichten (das salarium, daher stammt unser Wort „Salär“) Die Fahrt geht vorbei an den großen Becken mit der Salzlake, die von Blaugrün über Ocker bis Dunkelrot leuchtet. Eine Algenart, die Karotin absondert, sorgt für die rote Farbe. Weiter geht die Fahrt vorbei an großen Bergen mit dem leuchtend weißen Salz. Zwischen Ende August und Anfang Oktober wird das Salz vom Boden gelöst, von Verunreinigungen befreit und getrocknet. 450.000 Tonnen werden durchschnittlich pro Jahr gewonnen, das meiste davon für den Lebensmittelbereich, insbesondere zur Herstellung von Roquefort-Käse.
Nach zwei Tagen Aigues-Mortes setzen wir am 14. Juni die Fahrt durch den schnurgeraden und etwas langweiligen, ermüdenden Canal du Rhône à Sète fort bis St. Gilles, wo wir schon im Winter einige Wochen verbracht haben. Das Städtchen wirkt immer noch so verschlafen wie im Dezember, Touristenscharen verirren sich nicht hierher, denn neben der großartigen romanischen Kirche gibt es nicht viel zu sehen. Aber Per muss noch mal zum Zahnarzt, von seiner provisorischen Krone ist ein Stück abgebrochen. Es dauert ein paar Tage, bis eine neue fertig ist, und wir nutzen die Zeit, um noch einmal nach Nîmes zu fahren, eine unserer Lieblingsstädte. Hier herrscht jetzt reges Leben, die Touristen stehen an der Kasse zur Besichtigung der römischen Arena an, die Tische vor den Restaurants sind voll. Haben wir im Winter noch die Straßenseiten gewählt, auf die die Sonne schien, sind wir jetzt gerne unter den grünen Laubdächern der Platanen.
Nach so viel Besichtigung wird an Bord auch mal wieder für’s leibliche Wohl gesorgt. Von Schweizern, die in St. Gilles auf einem großen Lastkahn leben, bekommen wir reichlich Aprikosen und Nektarinen. Sie sind wunderbar reif und saftig, und wir machen daraus köstliche Marmelade.
Eine berühmte Stadt hier im Süden haben wir noch nicht gesehen: Arles. Leider gibt es von St. Gilles keine Busverbindung. Ein Blick auf die Karte zeigt - ca. 20 km bis zum Stadtzentrum. Wir sind mutig, packen reichlich Wasser ein und schwingen uns an einem heißen Tag aufs Fahrrad. Auf einer Nebenstraße radeln wir durch typische Camargue-Landschaft. Feuchtgebiete, weite Sicht, Schilf, Tamarisken zum Teil mit lila Blüten. Als wir in Arles die Brücke über die Rhône überqueren, sehen wir unter uns das Wasser rauschen. Per misst grob die Geschwindigkeit des Stromes und kommt auf 9-10 km/h. Das bedeutet nichts Gutes für die Rückfahrt.
Arles ist angenehm und hübsch. Die Häuser sind kleiner und wirken südlicher als die in Nîmes, aber Nîmes wirkt gepflegter. Auf dem Hauptplatz – er heißt wie in fast jeder Stadt „Place de la République" - tummeln sich schon jetzt im Juni reichlich Touristen. Besonders drollig sind immer die Japaner, jedes Gruppenmitglied wird einmal vor den Sehenswürdigkeiten fotografieren und dann eilen sie weiter. Natürlich führt uns der Weg sofort zur Arena, dem berühmtesten Bauwerk der Stadt. 107 x 135 m groß, erbaut um 90 n.Chr. für ca. 20.000 Zuschauer, fasst sie heute noch 12.000 Menschen und wird überwiegend für Stierkämpfe genutzt. Vom antiken Theater ist leider nicht mehr so viel übrig. Es wurde um 25 v.Chr. unter Augustus gebaut, bot 12.000 Sitzplätze, wurde aber schon im Mittelalter als Steinbruch benutzt. Zu Pers großer „Freude“ besichtige ich in allen Orten nahezu jede Kirche, aber hier beschränke ich mich auf die wichtigste und das Kloster. Dessen Kreuzgang ist besonders wundervoll und bemerkenswert. Er wurde beim Übergang von der Romanik zur Gotik gebaut und hat auf einer Seite romanische auf der anderen gotische Bögen. Schließlich radeln wir noch zu der Alyscamps, einer Begräbnisstätte, die schon von den Griechen und Römern geschaffen wurde. Sie war einmal die berühmteste des Abendlandes. Auch Christen haben seit dem 4. Jh. ihre Toten hier begraben, der Alyscamps wurde ebenso groß wie die Stadt und hatte 19 Kirchen und Kapellen. Beeindruckende Sarkophage und Statuen sollen hier einmal gestanden haben. Daneben gab es auch die Gräber der Armen. Wir lesen, dass die Anwohner ihre Toten der Rhône mit einem Scherflein für die Totengräber übergaben. Die fingen sie an der Brücke von Trinquetaille auf, um sie in der Alyscamps zu begraben. Später wurden die kostbaren Sarkophage verschenkt, verkauft oder zerstört. Heute sind nur noch an einer Allee unter Bäumen (Allée des Tombeaux) steinerne schmucklose frühmittelalterliche Särge zu sehen. Obwohl nicht mehr viel übrig ist, fasziniert hier eine weihevolle Stille, so dass man nur zu flüstern wagt.
Zurück im Zentrum sind wir wieder mitten in südländisch heiterer Atmosphäre. Natürlich machen wir auch Halt an dem Café, das van Gogh während seines Aufenthaltes in Arles gemalt hat. Nach einigen Stunden Besichtigung sind wir müde, aber es warten noch 20 km Rückfahrt auf uns. Es ist glühend heiß, wir haben einige kühle Getränke gekauft, quälen uns tapfer über die Strecke und erreichen 8 Stunden nach unserem Aufbruch ziemlich erschöpft das Schiff.

Nun könnten wir eigentlich die Heimreise antreten, aber Per stellt im Internet fest, dass die Rhône noch immer 8 km/h Strom hat. Trotzdem wollen wir es probieren. Am Sonntag, 24. Juni, legen wir ab, kommen aus dem Kanal in die Petit Rhône, wo wir mit 7 km/h gegen den Strom noch gut vorwärts kommen. Doch auch hier ist Hochwasser. Ein Steg, an dem wir bei der Herfahrt im November noch angelegt hatten, ist unter Wasser verschwunden. Als wir in die Rhône einbiegen, ist der Gegenstrom so stark, dass wir mit 1800 Touren (fast Vollgas) noch 3,5 km/h vorwärts kommen. Nach kurzer Zeit beschließt der Käptn: „Klar zur Wende!“ Also drehen wir und rauschen mit 18 km/h wieder stromabwärts und dann zurück in den Kanal.
Was machen wir nun mit unserer Zwangspause? Erst einmal fahren wir weiter auf dem Canal du Rhône à Sète nach Bellegarde, das liegt nur etwa 12 km von St. Gilles entfernt. Der Ort ist nichtssagend, aber von hier aus gibt es einen Bus nach Arles und dort kann man ein Auto mieten. Das machen wir per Internet gleich für eine Woche, abzuholen am nächsten Tag in Arles. Nur 20 Minuten braucht der Bus bis in die Stadt. Heute, am Sonnabend, ist Markt, und wir haben noch nie einen so großen, lebhaften und bunten gesehen. Am farbenfrohesten ist der Obst- und Gemüsebereich. Hier biegen sich die Tische unter den Früchten der Saison – Melonen, Aprikosen, Pfirsiche, Nektarinen, daneben Berge von Salat der unterschiedlichsten Sorten. Dort wo Bauern der Umgebung ihre Produkte anbieten, liegen die Preise weit unter denen der Supermärkte. An einem Stand ausschließlich Tomaten - unglaublich die Vielfalt der Sorten: gelbe, rote, gestreifte, lilafarbene, glatte, zerfurchte in allen Größen und Formen – schade, dass wir keine Tomaten mögen. Daneben ein Stand ausschließlich mit Knoblauch, lose und geflochten zu langen Zöpfen. Im Fischbereich schauen uns die unterschiedlichsten toten Außenbordskameraden so traurig an, dass wir schnell weiter gehen und bei den Gewürzen landen. Auf einigen Metern Tisch Gewürze in Schalen in Dreierreihen, alleine schon der Duft macht Appetit. Natürlich dürfen auch die Käsestände mit überquellendem Angebot nicht fehlen, an anderen Ständen türmt sich Baguette. Die Würste der Region sehen alle gleich aus, luftgetrocknete Hartwürste mit ziemlich vielen Fettbrocken. Die verwendeten Fleischsorten variieren, und besonders angepriesen werden die mit dem Fleisch der schwarzen Stiere. Auf keinem Markt fehlen darf der Stand mit jeweils drei Fertiggerichten, warmgehalten in riesigen Pfannen. Immer ist Paella dabei, daneben meist zwei geschmorte Fleischgerichte. Hier gibt es heute Schnecken mit Gehäuse in einer braunen Soße. Die kaufen wir nicht, dafür mit Vergnügen reichlich Obst, Gemüse und kleine Leckereien, denn unser Mietauto erlaubt einen leichten Abtransport.
Nach einer Woche sind wir 1000 km mit unserem Auto gefahren, hauptsächlich durch die Alpilles (kleine Alpen) und den Luberon. Unmöglich von all dem Gesehenen zu berichten, aber hier zumindest ein paar Highlights:
Die Alpilles bestehen aus weißem Kalkstein mit scharfen Zacken, dazwischen liegen schöne Waldgebiete. Der höchste Berg misst nur 387 m. Berühmtester Ort ist das hoch gelegene Les Baux (in seiner Umgebung fand man übrigens Aluminiumerz, daher der Name „Bauxit“), dessen Häuser mit dem Felsen zu verschmelzen scheinen. Er war einmal die Hauptstadt einer Grafschaft, ist heute weitgehend verlassen, und in den verbleibenden Gassen drängen sich die Souvenirläden. Den schönsten Blick hat man vom Aussichtspunkt eines gegenüber liegenden Berges. Hier bauen wir die mitgenommenen Stühle auf und genießen den Ausblick bei einem Picknick.
Gut gestärkt fahren wir zum Abbey St. Roman. Das ehemalige Kloster ist komplett in den Fels hinein gehauen (wunderbar kühl    ist es hier drin) und erinnert an die Felsenkirchen von Göreme in der Türkei. Sogar der Stuhl für den Bischof ist aus der Felswand herausgearbeitet. Vom Kloster geht ein schöner, aber schweißtreibend steiler Weg durch die Garrique-Landschaft (typischer Bewuchs in Südfrankreich aus niedrigen Bäumen, Büschen und Kräutern) zu einer Einsiedelei. Wovon hat der Eremit hier wohl gelebt? Ein paar winzige Räume sind in den Fels geschlagen, aber von der Spitze seiner Behausung geht der Blick weit über die weißen Gipfel der Alpilles.
Großartig auch die Ockerstadt Roussillon. Schon von weitem strahlt und leuchtet die ockerfarbene kleine Stadt hoch oben auf einem grünen Hügel. Kleine Gassen, hübsche Durchblicke, gepflegte Häuser in den leuchtenden Farben des Ockers und viele Blumen machen den Ortsbummel zum reinen Vergnügen. Am Schönsten allerdings ist der Weg durch die Ockerformationen. Früher wurde hier Ocker von höchster Qualität abgebaut. Heute gehen die Touristen über viel losen Ocker – Schuhe und Hosenbeine werden gefärbt, aber das Mitnehmen von Ockersand ist streng verboten.
Schließlich fahren wir noch zur Pont du Gard, einem gewaltigen Aquädukt, der mit 49 Metern Höhe und 275 Metern Länge das schöne Tal des Gardon überspannt. 500 Jahre lang hat dieses majestätische Bauwerk Wasser nach Nîmes und Uzès transportiert. Er war Teil einer etwa 50 km langen Wasserleitung, die mit einem Höhenunterschied von 17 m täglich 20.000 m³ Wasser transportierte.
Nachdem wir das Auto abgegeben haben, legen wir ab vom lauten Platz in Bellegarde, und es geht wieder zurück nach St. Gilles. Die Rhône ist noch einmal mächtig gestiegen, und zwar in einer Stunde um einen Meter. Sollte sie noch 50 cm weiter steigen, soll auch die Berufsschifffahrt eingestellt werden. Also weiterhin keine Chance auf die Rückfahrt.
Jill und Rob, ein Paar aus Neuseeland, haben sich mit ihrem Schiff „Jonge Hendrik“ die Rhône hoch schleppen lassen. Aber sie haben eine schlimme Tour gehabt, konnten manchmal zu zweit das Ruder kaum halten, wären fast an einen Brückenpfeiler geprallt und raten uns dringend abzuwarten und selber zu fahren.
Also nutzen wir die Zeit für Arbeiten am Schiff. Es gibt immer viel zu tun. Per bestellt die spezielle Beschichtung „Coelan“ in Deutschland und macht sich dann an die Aufgabe, das Teakdeck über dem Vorschiff zu schleifen und zu streichen. So vergeht noch einmal fast eine Woche, und dann die erlösende Information: Die Rhône fällt täglich.
Am 20. Juli um 8.30 h legen wir zusammen mit Cock und Ari aus Holland und ihrem Schiff „Tadorna“ in St. Gilles ab, haben auf der Rhône 4-5 km/h Strom gegen uns und erreichen noch am selben Tag Avignon. Nun geht es wirklich nach Hause.
Zum Schluss noch eine Frage: Woher kommt der der Begriff für den Jeans – Stoff "Denim"?

© Per & Sylvia Pehle
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