Bericht 5 – Paris
12. bis 19. August 2006

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Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, bei den 20 Millionen Touristen in Paris pro Jahr. Wir kamen genau richtig an, mitten in der Hochsaison, und nach der gefühlten Menge stand die Hälfte der jährlichen Besucher immer genau da, wo wir hin wollten.
Acht Tage sind wir mitten drin, 25 Kilometer zu Fuß, 40 Kilometer mit dem Fahrrad, und ab und zu die Metro.
Aber erst mal der Reihe nach: Noch am Freitag treffen wir uns mit Martina und Carsten. Die Beiden haben ein Wochenende in Paris geschenkt bekommen und wohnen in einer kleinen Wohnung ihrer Freunde ganz in unserer Nähe. Gemeinsam schlendern wir durch das Viertel „Marais“, ein lebendiges Arrondissement mit vielen jungen Leuten, Kneipen, Geschäften und einem der schönsten Plätze von Paris, dem „Place des Voges“, bestehend aus einem kleinen Parkt, umgeben von nahezu identischen Häusern. Schon auf den ersten Blick sind wir begeistert von dieser Stadt mit ihrer unzerstörten Bausubstanz, den Häusern mit Schmiedeeisen vor den Fenstern und kleinen Balkonen, schmalen Gassen, breiten Boulevards und den vielen Plätzen, die die Enge der Straßen unterbrechen und zum Ausruhen einladen. Wir gehen vorbei am Museum für moderne Kunst, dem „Centre Pompidou“. Bei dem Bau aus Glas und Stahl ist das Innenleben – Lüftungsschächte, Stromleitungen, Rolltreppen - nach außen gekehrt, farbig angestrichen, und es sieht daher aus wie eine bunte Raffinerie. Auf dem Platz davor Gaukler, Musikanten, sogar eine Mongolen-Band und jede Menge junges Volk. Mit der Rolltreppe geht’s aufwärts, und mit jeder Etage wird die Aussicht über Paris beeindruckender. Unser Spaziergang führt zur Kirche St.- Eustache, der zweitgrößten Kirche der Stadt, weiter über die Pont Neuf, den Palais de Justice, dem Hotel de Ville zur Kirche Notre- Dame. Feierabend - gerade strömen die letzten Besucher heraus, also zurück zum Schiff und zu einem gemütlichen Abend an Bord.
Der Sonnabend beginnt mit Regen, aber das macht nichts, denn es ist sowieso Basteln angesagt, unser Problem mit den Schrauben an der Antriebswelle muss vor der Weiterfahrt gelöst werden.
Beim Hafenmeister fragen wir, wo man die benötigten ganz normalen Inbusschrauben kaufen kann, aber sie sind nicht zu bekommen. Im Hafen liegt neben uns ein Franzose, wie fast alle Bootfahrer mit schwimmendem Baumarkt, der wühlt in seinem Ersatzteillager und findet Schrauben der passenden Stärke, aber zu lang und mit zu kurzem Gewinde. Per hat (natürlich) einen Gewindeschneider dabei, kann die Schrauben kürzen, und mit zwei Kontermuttern wird die Welle so festgeschraubt, dass nichts mehr passieren kann.
Am Sonntag regnet es fast den ganzen Tag, trotzdem machen wir mit Martina und Carsten eine Fahrt auf der Seine. Es geht um die Ile de la Cité mit herrlichem Blick auf Notre Dame, durch alle berühmten Brücken der Stadt bis zum Eiffelturm und retour. Bis zum letzten Platz besetzte große Touristendampfer rauschen mit ihrer Fracht so schnell wie möglich – time is money - an den Sehenswürdigkeiten vorbei und bringen „Moses“ ins Schlingern.
Nachmittags dann zu Fuß zum Arc de Triumphe und die Champs-Elysées hinunter bis zum Place de la Concorde. Wurden die Champs-Elysées einst als der großartigste Boulevard der Welt gepriesen, zeichnet er sich heute eher durch Schnellrestaurants und Touristennepp-Läden aus. Weiter mit dem Bus zum Montmartre und zur Sacré-Coeur. Der herrliche Blick von der Terrasse der Kirche ist leider durch Nebel und Regen getrübt. Wieder mitten unter Hunderten von Besuchern geht es durch schmale Gassen zum Place Pigalle. Sexshops, Eroticshows - uns hält die Mausefalle nicht gefangen - schnell in die Metro und zurück „nach Hause“.
Am Montag müssen wir uns alleine auf den Weg machen. Schade, dass die Beiden so schlechtes Wetter hatten, heute scheint die Sonne. Wir beginnen mit Notre-Dame und schieben uns mit einer nicht enden wollenden Menschenschlange durch die Kirche. Sind wir eigentlich in einem Gotteshaus oder auf dem Rummel?
Weiter zur Sainte-Chapelle, dieser großartigen gotischen Kapelle mit ihren 15 riesigen Fenstern mit Glasmalereien, die z.T. noch aus dem 13. Jh. stammen. Weil diese Kapelle auf dem Gelände des Palais de Justice liegt, müssen die Besucher eine Kontrolle wie auf dem Flughafen über sich ergehen lassen, das führt natürlich zu längerer Wartezeit.
Übrigens – die längste Wartezeit hatten wir vor der öffentlichen Bedürfnisanstalt. Nach jeder Benutzung -Tür auf, Mensch raus, Tür wieder zu, und der gesamte Innenraum wird abgeduscht und desinfiziert. Alles geht automatisch – aber das dauert. Man darf allerdings nicht den Fehler machen und nach dem letzten Benutzer sofort hineinzuhopsen – man würde unweigerlich mit abgeduscht und desinfiziert.
„Erleichtert“ laufen wir zum Louvre und über den Innenhof mit der Pyramide vom Architekten Pei. Nach dem Place de l’Opéra kommen wir zum Touristenbüro von Paris und kaufen uns einen Museumspass für 2 Tage. Damit können wir die meisten Museen besuchen, ohne uns in die endlosen Warteschlangen einreihen zu müssen.
Trotz ziemlich müder Füße gehen wir noch durch die Rue de la Paix zum Place Vendome. An dem harmonischen Platz um die 44 m hohe Vendomesäule haben sich anscheinend alle noblen Juweliergeschäfte dieser Welt versammelt. Vergeblich schauen wir nach besonders schön gestaltetem Schmuck. Protz ist angesagt - das einzige Bestreben ist hier: Wie viele Brillianten passen auf eine Uhr.
Über die Saint Honoré erreichen wir die Metro Station „Hotel de Ville“, fallen auf die Sitze und haben Mühe, am Place de la Bastille wieder aufzustehen und zum Schiff zu gehen.
Unser Reiseführer hat ausdrücklich davor gewarnt, Paris mit dem Fahrrad zu erkunden. Der Verkehr sei zu heftig, viele Straßen eng, die Autofahrer rücksichtslos. Trotzdem wagen wir uns am nächsten Tag mit den Rädern in die Stadt. Es ist Dienstag, 15. August, Maria Himmelfahrt, und in Frankreich Feiertag. Das erklärt übrigens auch den besonderen Ansturm der Touristen, denn viele haben am Montag frei genommen und ein langes Wochenende gemacht. Das Seineufer ist für Autos gesperrt, dafür gibt es dort viele Freizeitaktivitäten: Klettergerüste, Boule-Plätze, Liegestühle und sogar ein Schwimmbad – und alles kostenlos. Über die Tuilerien kommen wir zum Place Trocadéro, von dem wir einen herrlichen Blick auf den Eiffelturm haben. Wir würden ja gerne hinauf fahren, aber ein Blick auf die Schlangen an den Aufzügen reicht, und wir radeln weiter. Nächste Stationen: Invalidendom, Boulevard St.- Germain, Kirche St.-Germain-des-Prés, Boulevard St. Michel, Sorbonne und die Kirche St. Etienne-du-Mont, wo Genoveva, die Schutzheilige von Paris verehrt wird – selbst der Papst war schon hier. Gerade mit dem Beginn des täglichen Regengusses sind wir um 19 h wieder auf Moses.
Am Mittwoch aktivieren wir unseren Museumspass und fahren mit der Bahn nach Versailles. Lange Schlangen an den Kassen, aber wir kommen sofort rein. Mit dem Audioguide stürzen wir uns ins Gewimmel und erleben 1 ¾ Stunden „Hörführung“. Ludwig der XIV. hat beim Bau bis zu 36.000 Menschen und 6.000 Pferde gleichzeitig beschäftig und entsprechend überwältigend war das Ergebnis und ist es noch heute. Von den Räumen ist einer prächtiger ist als der andere, Audienzzimmer, Schlafzimmer der Königin und, besonders prunkvoll, das Schlafzimmer des Königs. Der Spiegelsaal ist nur zu Hälfte zu genießen – Restaurierungsarbeiten. Nach dem Inneren des Schlosses der Garten. Alle Beete sind geometrisch angelegt, Bäume und Büsche sind zu Pyramiden, Kugeln oder Rechtecken gestutzt. Für uns sieht alles zu künstlich aus. Wasserbecken und Hunderte von Statuen sind zu bewundern, aber die Wasserspiele werden leider nur zu besonderen Anlässen in Betrieb genommen.
Zurück in Paris geht’s zum Pantheon, einer mächtigen Gedenkstätte für die hervorragenden Männer Frankreichs. Über dem Eingang ein Relief „Frankreich, Kränze an seine Söhne verteilend“. Und die Töchter?
Im Sturmschritt weiter zur Notre Dame. Gerne würden wir noch den Turm besteigen. Das Wetter ist gut, der Blick über die Stadt soll überwältigend sein. Doch die Schlange der Wartenden ist lang und an deren Ende steht ein Schild: Ende der Turmbesteigung für heute.
Wir verschieben die Aktion auf morgen, sind am nächsten Tag pünktlich mit Eröffnung um 10 h da und sehen eine Warteschlange, die 2 Stunden Anstehen bedeuten würde (alle 10 Minuten dürfen 20 Menschen rauf). Also radeln wir gleich weiter zum Louvre. Vor den Kunstwerken, die jeder sehen will, ist das Gewimmel schon am Morgen schlimm, am schlimmsten aber dann, wenn Besucher ihre Lieben unbedingt vor der „Venus von Milo“ oder anderen besonders berühmten Kunstwerken fotografieren wollen und alle anderen beiseite treten sollen. Wir finden erst Ruhe, als wir im zweiten Stock Bilder von deutschen und niederländischen Malern wie Franz Hals, Dürer und Jan Vermeer anschauen. Nach 3 Stunden haben wir natürlich nur einen Bruchteil der Schätze gesehen, trotzdem verlassen wir den Louvre, erholen uns beim Radeln durch die Stadt und schauen uns die Angebote in den Schlemmertempeln Fouchon und Hédiard an. Hier gibt es alles, was teuer ist, aber auch Einfaches, nur ebenso teuer (z.B. 100 g bunten Pfeffer für 11 €).
Wir haben Kraft geschöpft fürs nächste Museum, also auf zum Musée d’Orsay. Dieser Bahnhof, zum Museum ausgebaut, hat eine wunderbare Sammlung von Impressionisten. Renoir, Gauguin, van Gogh, Matisse, Monet – alle sind mit ihren schönsten Werken vertreten. Die Begeisterung hilft uns, die Müdigkeit der Füße zu überwinden. Um 18 h sind wir erschöpft aber fröhlich zurück, gerade bevor der abendliche Schauer beginnt.
Alle „Musts“ abgehakt? Sicher nicht, aber wir haben fertig. Nur noch eine Bootstour steht auf dem Programm, und zwar durch den Kanal St. Martin, einen alten Versorgungskanal durch die Stadt. Noch einmal eine Radtour durch unser Lieblingsviertel „Marais“. In einem schmalen Sträßchen stoppen wir vor einem Bäckerladen – das tägliche frische Baguette fehlt noch. Die Fahrräder hinter uns – unangeschlossen - behalten wir im Auge. Doch anscheinend nicht genug, ein Augenblick Unaufmerksamkeit, Per hört das Klicken des Fahrradständers, sieht jemanden mit seinem Fahrrad wegfahren, springt auf mein Rad, fährt hinterher, aber der Dieb ist schnell im Gewühl verschwunden.
Trotz des Schocks starten wir zur geplanten Fahrt. Der alte Versorgungskanal – heute nur noch Touristenattraktion - geht zuerst durch einen Tunnel. Unter dem Place de la Bastille entlang und weiter mitten durch die Innenstadt geht die unterirdische Fahrt, Beleuchtung fällt etwa alle 50 Meter durch Lichtschächte in der Decke. Wieder oberirdisch, schippern wir auf Straßenniveau weiter und müssen aufpassen, dass wir die Verkehrsampeln nicht mit dem Schleusenlicht verwechseln. Nach drei Doppelschleusen, zwei Drehbrücken und vorbei an reichlich Clocharleben erreichen wir das „Bassin de la Villette“, wo wir über Nacht bleiben wollen. Nach dem teuren Liegeplatz endlich mal ein kostenloser Anleger, aber außer uns liegt kein Boot hier und auch die Umgebung erscheint uns nicht so recht Vertrauen erweckend. Vorsichtshalber wird alles von Deck geräumt. Ich schlafe ein bisschen unruhig und liege gerade wach, als ich Schritte über uns höre. Meine Frage: „Quelqu’un?“ Wird brav beantwortet mit: „Nein, nein, nur ein Besucher.“ Per schickt noch einen unflätigen Fluch in Englisch hinterher, dann stürzen wir im Nachtgewand, Per einen Gummiknüppel schwingend, an Deck (das muss ein herrliches Bild gewesen sein). Unseren „Besucher“ sehen wir gerade noch eilends auf seinem Fahrrad davon radeln.
Der nächste Vormittag ist ausgefüllt mit der Suche nach einem geeigneten Fahrrad. Die Preise liegen weit höher als in Berlin, die Ausstattung der Räder darunter. Schließlich werden wir fündig und finden es an der Zeit, Paris endgültig den Rücken zu kehren.

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© Per & Sylvia Pehle